Freunde. Lasst Euch doch nicht immer alles sagen. Versucht doch einfach mal Euch eine eigene Meinung zu bilden, wie Ihr es doch eigentlich immer vorhattet.
Und mehr noch: meint Ihr, es könnte Euch gelingen, diese Eure Meinung auch vehement vor Freund und Feind zu vertreten, ohne dass man Euch einfach ausknipst, wie es derzeit Usus ist, Euch umdreht, Euch des Geistes beraubt, den Ihr in mühevoller Kleinarbeit in Eurem Hirn verankert, gehegt und gepflegt habt? Seid Ihr Selbst genug, habt Ihr den Mut, das Durchsetzungsvermögen, die Kraft, diesen Geist? Ich selbst habe da so meine prägenden Erfahrungen gemacht. Daher habe ich große Bedenken und dennoch wünsche ich Euch alles Gute. Alles nur erdenklich Gute. Es profitieren ja alle davon. Auch ich. Ich bin nicht einmal sicher, dass ich nicht vielleicht nur aus diesem egoistisch motiviertem Grund das Wort an Euch richte. Aber, Freunde, es ist machbar. Das weiß ich aus Erfahrung, auch wenn es altklüger klingt, als ich mich geben sollte.
Leider wird aus unserer Konfusion niemals eine Kernfusion. Egal wieviel Druck und Körperwärme sich da auch aufbauen und zu was auch immer verschmelzen mag. Es bedarf leider weit größerer Anstrengung als der wohlfeilen und gewiss anzustrebenden Körperlichkeit, um diesen Kraftakt zu vollbringen. Konfusion ist absolut nicht schlimm, nur damit wir uns nicht falsch verstehen. Mein ganzes Sein scheint zwischen Konfusion und der ständigen Anstrengung, diese in ein begehbares und erlebbares System zu verwandeln zu pendeln.
Der Verlauf der kleinen Dinge ist – entgegen weitläufiger Meinung – wahrlich und zu meiner absoluten Bestürzung unwichtig geworden. War dies auch nicht immer der Fall, so ist in den letzten Jahren eine – paradoxerweise kleingeistige wie kleingestrige Tendenz festzustellen, die abgeleitet von der Größe der Ereignisse, ihnen ihre Bedeutung in der Geschichte als bloße Randerscheinungen zuweist. Das Amüsante daran ist eigentlich nur die Tatsache, dass sich selbst die explizit als solche ausweisenden kleinen Geister noch immer dagegen zur Wehr setzen, dieses zweifelsfrei verachtenswerte Faktum, als gegeben und unumstößlich anzuerkennen und die Risiken in dieser Tatsache zu erkennen.
Was die Konfusion und das ganze Kleinklein nun mit Eurer Meinung zu tun haben, fragt Ihr? Die Antwort kann ich mir in diesem Fall unfassbar leicht machen: Alles! Eure ganz persönliche Einstellung – nicht anders meine ganz persönliche Einstellung – bestimmen den Gott verdammten Lauf der uns alle umgebenden Gesellschaft und damit nicht zuletzt den – nehmen wir mal die 1. Welt (wo ist eigentlich die 2. Welt?) – der auf das Ausmaß eines Vorstadtkaffs zusammen geschrumpelten Welt. Wer meint keine Meinung zu haben oder bedauernswerterweise in der Tat keine Meinung hat, akzeptiert widerstandslos die Entscheidung anderer. Wer meint sich diese Haltung leisten zu können, hat leider eine absolute Teilschuld zu tragen an dem was mit ihm und mit mir passiert. Und hier nehme ich mir das Recht eine Meinung zu haben. Sauer zu werden, wenn Ihr so wollt. Auf weiche Ziele wie BILD, RTL II, Bohlen oder Volksmusik. Aber auch auf jene – das muss man ihnen durchaus lassen – medial ansatzweise geschulten Agitatoren in einer durchinszenierten Öffentlichkeit. Eben jene, die in Personalunion unsere Regierung spielen – pardon – bilden, als auch das Rollenmodell vorspielen, welches nachzueifern einer ganzen Generation von BWL-Studenten scheinbar per Immatrikulation vorgegeben das höchste Ziel ist.
Unpolitisch zu sein heißt heutzutage eben auch, die Politik derer mitzutragen, die einem das Leben nicht nur schwer, sondern zur Hölle machen. Und das bedeutet wiederum, den kompletten aus freien Stücken bewilligten Verzicht auf Jammern und Meckern. Natürlich möchte ich nicht jeden automatisch an den Pranger gestellt sehen, der den Bauern bei der Frauensuche voyeurisiert oder Schauspielerimitatoren im durchchoreografierten Teenie-Clinch an den Traumständen des Prekariat-TVs erträgt. Aber Betäubung, gleich welcher Couleur, macht eben gleichgültig. Und serielle Sedierung im fälschlicherweise so geadelten Free-TV macht eben zusätzlich auch abhängig. Es ist doch wunderbar, wenn man auf Menschen herab blicken kann, denen es noch schlechter geht als einem selber, die nicht merken wie man sie benutzt, die man belächeln und beklatschen kann, die man per Sofa basierter Spende an die Sendergruppe in einem Moment zum Star hochjubeln und im nächsten Moment in der GMX-Kurzmeldung höhnisch verlachen kann, wenn sie den vorprogrammierten und vom medialen Establishment unbedingt einkalkulierten Absturz hin zu dem vollführt haben, was sie eigentlich waren, nämlich nicht weiter erwähnenswert und leider viel zu leichtgläubig. Man möchte sagen, unvorbereitet.
Wenn man im Kleinen, im eigenen Verhalten nicht gewillt oder fähig ist, dem zu begegnen, was einem im Alltag – und das betrifft jeden einzelnen von uns unmittelbar und so persönlich wie es eben möglich ist – die Parameter vorgibt, soll heißen, den medialen Blendern, den staatsseitig absolut gewollten Dealern einer auf das Äußerste strapazierten Doofmannsunterhaltung nicht das Geringste, also wenigstens Desinteresse, entgegen zusetzen, gibt es wenig Grund zu murren oder sich zu beschweren. Ich möchte hier nicht einmal die fernen Beispiele heroischen Widerstands gegen totalitäre System bemühen, um das Loblied des Kleinen zu singen. Es reicht völlig aus, sich das eigene Desinteresse am ebenso eigenen Schicksal vor Augen zu führen. Sind wir nicht alle irgendwo Stammtisch erprobt, wenn es darum geht Politik zu kritisieren, Missstände anzuprangern, das eigene – scheinbar nicht hinnehmbare aber seltsamer Weise auch nicht zu ändernde Leid zu beklagen?
Egal ob wir unseren Kindern ein passives, obrigkeitshöriges Verhalten angesichts eines sowohl untermotivierten als auch überkapazitären Bürokratenapparetes vorleben; egal ob wir uns mit unseren Freunden nur noch über die debile Programmpolitik indirekt – da pekuniär dafür entlohnter – systemkonformer Hirnweichspül-Sender in Form inhaltsschwerer Diskussionen entladen; egal ob wir uns des öffentlichen Diskurses enthalten, wenn Themen, die uns unmittelbar betreffen das Gemüt der Öffentlichkeit bestürmen. Verdammt, es geht um das Kleine, es geht um das Winzige, es geht um den Moment, es geht um das Jetzt!
Aber was soll`s? Ist es nicht auch eine völlig freie Entscheidung, eine fließend aus sich selbst generierte Meinung, wenn man nichts sagt, wenn man nichts denkt? Ist es nicht das Recht eines jeden, sich der öffentlichen Diskussion zu enthalten, sich ins Private zurückzuziehen? Aber sicher doch. Nur nehme ich dann in Kauf, dass andere für mich das Öffentliche entscheiden. Dass andere für mich das entscheiden, was mein Leben bestimmt. Und hier, liebe Freunde, hier haben wir nun alle die Wahl. Wir haben die Wahl, für das was wir wollen einzutreten, oder zu akzeptieren, dass da jemand ist, der für uns entscheidet. Und dummerweise ist das mit Sicherheit nicht wirklich das, was wir selber wollen würden.
Wenn wir denn etwas wollen würden.
Wollen wir?
Versuchen wir doch einfach mal, uns eine eigene Meinung zu bilden, wie wir es doch eigentlich immer vorhattet. Wisst Ihr noch?
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