Unser Denken ist der uneingeschränkt freieste Platz den wir als Mensch überhaupt haben.
Dieser Platz ist frei aber durchaus unterschiedlich groß in der individuellen Ausprägung. Bei manchen ist es ein großer, unendlich offener Platz, bei anderen ist es ein eher kleiner, eng begrenzter Raum. Wieder andere dehnen ihren privaten Platz zu einem majestätisch anmutenden Schloss aus. Ganz egal, wieviel Raum der Einzelne zu nutzen in der Lage ist, für alle gilt: hier ist alles möglich! Alles im Rahmen dessen, was sich ein jeder ganz persönlich erlaubt, dass es ihm möglich erscheint. Hier gilt weder Gesetz, noch Moral, kein Glaubensdiktat, keine physikalischen Gesetzmäßigkeiten, keine Limitierung durch menschliche Notwendigkeiten und erst recht keine Zensur. Oder eben doch, aber dann ist diese – wie alles andere auch, was wir zulassen – hier selbst gewählt. Keine höhere oder niedere Macht hat hier Zutritt oder gar Zugriff. Und wenn doch, ist auch dies selbstgewählt. Was wir denken, was wir uns ausmalen, was wir erspinnen, was wir uns vorstellen können, ist zunächst ganz allein für uns bestimmt. Und wir alleine entscheiden, wann, wie, in welcher Form und mit welcher Intensität wir es in die frei wahrnehmbare Welt entlassen, es mit anderen zu teilen bereit sind.
Wir sind soziale Wesen und daher ist es eine Zwangsläufigkeit, dass wir vieles von dem zuvor Erdachten irgendwann auf unsere Mitmenschen loslassen, den Gedanken einem eventuellen Feedback aussetzen, gewollte Kritik oder ungewolltes Lob einfordern. Doch bis es so weit ist, hat niemand, wirklich niemand das Recht und zum Glück auch nicht die Möglichkeit, uns in unserem freien Denken zu beeinflussen oder im schlimmsten Falle gar zu beschneiden. Man darf sich generell natürlich fragen, warum sich so viele Menschen offensichtlich eher auf einem übersichtlich kleinen Terrain zu bewegen scheinen, sich mit fest und unumstößlich abgesteckten Grenzen zufriedengeben, aber das Recht, dies zu kritisieren haben wir nicht. Die Entscheidung, welchen Raum wir unserem Denken geben, haben eben auch nur wir ganz alleine. Psychische Erkrankungen klammere ich hier bewusst aus, obschon auch diese gewiss oftmals nur von außen betrachtet einen limitierenden Einfluss auf das eigene Denken haben können.
Wir bedenken – kraft des Intellekts, der uns Menschen gegeben ist – zum Glück viel mehr, als uns bewusst ist. Und wir wissen das. Was wir letztendlich in die Welt absondern unterliegt natürlich jenen beschneidenden Gesetzmäßigkeiten, die das soziale Leben mit sich bringt, und die zunächst auf unser Denken im Idealfall keinerlei Zugriff haben sollte. Lebe ich in einer religiösen Gesellschaft, werde ich aus reinem Eigennutz und Überlebenswillen laute häretische Gedankenäußerungen vermutlich eher vermeiden, als in einer säkularen. Auch moralische, ethische, soziologische, sexuelle oder schlicht gesellschaftlich vereinbarte Konventionen werden größtenteils zum Filter des einstmals freien Gedankens.
Eigenverantwortung ist nicht optional.
Letztendlich ist der Schritt unseres freien, unberührten Denkens hin zum Ausformulieren, zur Wortbringung, ein ganz entscheidender Schritt in unserer nach außen wahrgenommenen Meinungsäußerung. Hier findet definitiv eine Beeinflussung statt. Und ich würde nicht einmal per se behaupten, dass das negativ sein muss. In einem breiten gesellschaftlichen Konsens haben sich schlichtweg ein gewisses Weglassen von allzu provokanten, nicht konsensfähigen Äußerungen, wie zum Beispiel krassen Beleidigungen, genauso bewährt, wie das Nutzen gewisser floskelhafter, oft gar verharmlosender Ausschmückungen zur Darlegung des eigenen Gedankenguts. Dieses zu beachten – und dies ganz klar zu betonen, ist gerade in heutigen Tagen immens wichtig – ist keineswegs eine Pflicht oder gar Gesetz. Ein jeder ist selbst dafür verantwortlich, in welchem Maße und per welcher Ausformulierung er seine Gedanken seinem singulären Gegenüber, oder auch der gesamten Gesellschaft zugewandt zumuten möchte. Egal wie überzeugt man in seiner jeweiligen Meinung auch sein mag, man muss im Extremfall auch die diametral entgegengesetzte Meinung im Diskurs aushalten können. Hier sei jedoch ausdrücklich nicht von ausfallenden Anfeindungen oder gar tumben Beleidigungen gesprochen, die Kunst- und Satirefreiheit einmal explizit ausgenommen, denn hier kommt es immer auf den jeweiligen Kontext an. Das ist der Deal.
Niemand kann dafür verhaftet oder sonst wie zur Verantwortung gezogen werden, dass er seine eigenen Gedanken hat. Diese sind so frei, wie Hoffmann von Fallersleben es einst geschrieben hat. Dabei ist es ohne Belang, welcher Art und Intensität diese sind. Seien diese gotteslästerlicher Natur, sollten sie wessen Gefühle in welcher Art auch immer verletzen, nicht einmal strafrechtlich relevante Gedanken, und seien sie noch so schlimm, sind auf dieser Ebene strafbar. Und das ist gut so. Dieses Feld gehört dem Inhaber des jeweiligen Gedankenhebers. Und so hat ein jeder die Chance zu beurteilen, was ob er oder sie diesen Gedanken lieber für sich behalten oder in die Welt seiner oder ihrer Mitmenschen entlassen sollte.
Denken kommt vor Sagen, das Gesagte kann das Handeln beeinflussen oder gar bestimmen.
Das Denken ist also komplett frei! Das Sagen ist es ebenfalls, mit der Einschränkung, dass hier strafrechtlich relevante Dinge von der Gesellschaft geahndet werden können und natürlich sollte jedem klar sein, dass Worte, die einmal in der Welt sind, auf Gegenworte stoßen können. Wie wir alle wissen kommt das Wort immer vor der Tat. Wenn also im gesellschaftlichen Diskurs Dinge verbalisiert werden, die auf der Gedankenebene vielleicht immens wichtig für das sie denkende Individuum, aber noch völlig belanglos für die Allgemeinheit sind, so gibt es kein Problem damit, dass man etwas nicht sagen darf, sondern lediglich damit, ob das Gesagte sich im Rahmen des jeweiligen gesellschaftlichen Konsenses, und damit auch der strafrechtlichen Relevanz bewegt oder eben nicht. Die wahren Probleme gibt es aber sehr wohl, wo zum Beispiel verfassungsfeindliche Gedanken sich zu Worten formen, die dann zu der Gesellschaft schadenden Taten, vielleicht sogar zu gewalttätigen Taten werden.
Wenn also Menschen dieser Tage glauben – und dieses eben auch verbalisieren – dass sie nicht mehr frei sagen können, was sie wollen, so ist das, sobald es ausgesprochen ist, sich selbst beweisender Unsinn. Diese Menschen reflektieren offensichtlich weder ihr eigenes Wort, noch den kompletten Prozess, der sich in einem intelligenzbegabten Wesen, wie dem Menschen, zuvor in ausführlicher Weise abgespielt hat. Sie äußern (also glauben Sie es auch), sie dürften nicht mehr frei denken. Wahr ist aber, dass lediglich das Handeln nach ihren Worten zu den echten Problemen für sie führen kann. Und eben nur dann, wenn sie den Boden des Grundgesetzes verlassen. Für diese Konsequenz müssen sie dann, genau wie für den gesamten Prozess NACH dem Denken, die persönliche Verantwortung tragen. Jammern und sich in eine Opferrolle begeben, ist hier keine Option mehr. Dazu gab es zuvor genügend Gelegenheiten.
Die Gedanken sind bedingungslos frei – für sein Wort, und erst recht für seine Taten, ist ein jeder selbst verantwortlich.
Mich macht es unendlich sauer, wenn Menschen diesen Begriff der Freiheit des Wortes missbrauchen, um sich ihres, persönlich aufgeladenen und wohl durchdachten Hasses in der Öffentlichkeit entladen zu können, und dann auch noch erwarten, sie würden damit ohne auch nur den Hauch von Gegenrede bestehen können. Mit genau diesem Handeln, gefährden sie die Freiheit an sich und das ist in nicht hinnehmbar. Also, Querschisten, Neonazis, Verschwörungsschwurbler und Co.: rechnet jederzeit mit unseren wohl durchdachten Widerworten!
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