Ich schrieb einmal vor über zwei Jahren auf diesem Blog den kurz gehaltenen Text „Ich habe nie wieder Angst!“.
Es ging um eine moralische Innensicht und eine ganz persönliche Antwort auf die Frage, in wie weit man sich von äußeren Einflüssen das eigene Leben und Wohlbefinden durch künstlich eingeredete Angst versauen lässt. Die Antwort war damals so knapp wie klar und gipfelte in dem Satz: „Aber ich, ich habe nie wieder Angst!“
Nun bin ich von Natur aus leider ebenso wenig ein komplett angstfreier Mensch, wie jeder andere unter Euch auch. Aber mich persönlich beruhigt eine Art geistiges Mantra, welches mir – praktischerweise ohne es beständig aufsagen zu müssen, um es zu glauben – einmal zurecht gelegt, den unglaublich beruhigenden Dienst erweist, beinahe auf ewig zu wirken.
Die Sache ist im Grunde ja auch glasklar. Was soll mir schon den Tag versauen können, wenn ich es erst gar nicht an mich heran kommen lasse, bzw. wenn ich dem jeweiligen Thema gegenüber eine Position einnehme und diese auch mit Verve vertrete, die in sich fest und wenig wankelmütig ist. Das alte Credo von Peter Ustinov, der meine Lieblingsdefinition eines Optimisten aus dem Ärmel schüttelte mit dem Satz: „Ein Optimist ist jemand, der genau weiß, wie traurig die Welt sein kann, während ein Pessimist täglich neu zu dieser Erkenntnis gelangt.“
Nun pflege ich des morgens als allererstes einen nachrichtenlastigen Radiosender einzuschalten, um mich jenseits von Twitter mit einem gewissen Grundwissen all dessen zu versorgen, was sich auf der Welt aktuell zuträgt, und – genau das ist vielleicht der wenig zugegebene aber doch relevante Aspekt – was davon mich in meiner heilen, gepflegten, hermetisch luxuriösen Welt in irgendeiner Weise betreffen könnte.
Bezogen auf meinen Blog und meine Haltung von 2012 kann ich natürlich ganz sicher sagen, dass ich keine Angst vor den Herren (ja, es sind ausnahmslos Herren) Wladimir Putin, Petro Poroschenko oder Barrack Obama, Baschar al-Assad oder Dschawad al-Maliki oder auch Abu Bakr al-Baghdadi, Benjamin Netanjahu oder Mahmud Abbas habe. Der eine mehr, der andere weniger, sind sie doch allesamt aus genau dem menschlichen Holz geschnitzt, das Macht als oberste Direktive, Kontrolle über andere Menschen als erstrebenswert, wahrscheinlich sogar staatstragend ansieht und nicht davor zurück schreckt, Schicksale, Menschenleben zu opfern, wenn es denn der eigenen Sache dient. Und diese eigene Sache, ist so was von unübertroffen subjektiv definiert, dass man – ohne selber betroffen zu sein zu müssen – in hohem Bogen kotzen möchte.
Angst ist hier aber auch nicht der zentrale Punkt. Wer vor diesen Leuten wirklich und im Wortsinne Angst hat, hat ein ganz anderes Problem (Hätten Sie etwas Angst gehabt, nachts in einer kleinen Gasse Hitler alleine zu begegnen?). Aber – und das ist der Punkt, der mir Sorgen bereitet – diese Menschen, diese An-„Führer“ (und hier kann man durchaus einmal ganz bewusst und provokant auf jeden einzelnen der hier genannten das urdeutsche Wort „Führer“ anwenden), haben einen derartigen Einfluss, eine derartige Wirkung auf andere Menschen, auf Gruppierungen, auf ganze Bewegungen, die sich dank des menschlichen Strebens nach Gemeinschaft sogar unabhängig von geopolitischen Gebieten überall auf der Welt ausbreiten können, wie ein Geschwür, wie eine Epidemie, dass es einem denkenden, freiheitsliebenden Menschen die Zornesröte ins Gesicht treibt. Nicht die Angst wohlgemerkt. Den Zorn!
Ich weiß, die Steinzeit-Terroristen der IS, formerly known as ISIS, möchten natürlich nur all zu gerne (das ist ja schließlich der Urwunsch jedes herkömmlichen Terroristen), dass man unbändige Angst hat vor Ihnen und Ihren Greueltaten. Und derer haben sie in der Tat in arg kurzer Zeit bis heute derartig viele verbrochen, dass man ihnen geradezu wünschen würde, dass es ihren Gott, in dessen Namen Sie morden, vergewaltigen, sich Aufführen wie die letzten Herrenmenschen, das es diesen Gott wirklich gäbe, denn dann hätten sie in der Tat wenig zu lachen, wenn die Abrechnung käme. Im Grunde – gerade für einen Atheisten – ein sehr schöner, tröstlicher Gedanke.
Obama und Putin möchten – arg menschlich – jeder auf ihre eigene Art, geliebt werden – gerade letzter könnte ruhig mal einen Freudianer zu Rate ziehen. Assad hat es erst gar nicht anders gelernt, Erdogan ist ein tumber Narziss erster Kajüte, der Freiheit jenseits seines väterlichen Gustos für ein Sakrileg hält, die religiöse Fraktion der Anführer erfreut sich stets an massenverblendeter Meinung, dass Sie dem Propheten das Wort reden und ihm posthum und im Namen Allah, pardon aller, zum „Recht“ verhelfen, obwohl sie im Grunde doch auch nur ganz oben auf dem Misthaufen mit dem Fähnlein winken wollen. Jeder hat so sein kleines Grundproblem, welches ihn gewiss um den Schlaf aber auch durch den Tag bringt.
Irgendwie möchten alle, dass man sie versteht, dass man Respekt, ja oft genug in der Tat gar Angst vor Ihnen hat – beides verwechseln sie ohnehin ständig. Angst und Respekt. Ich habe vor sehr vielen Menschen Respekt, aber nur vor sehr wenigen Angst.
Und während ich angesichts der Horrormeldungen aus aller Welt – und machen wir uns da mal nichts vor, es ist gerade überproportional heftig und alarmierend – allmorgendlich also bereits im Bad dem Trübsinn verfallen möchte, schleicht sich immer wieder dieser Yoda gleiche alte Mann in mein Gedächtnis. Es ist, als wohnte er in meinem Blutkreislauf. Und wenn es so ist – er darf mietfrei bleiben auf alle Zeiten. Er lächelt, aber nicht provozierend sondern gütig. Weise. Einfach freundlich. Aber mit einem ziemlichen Schalk im Nacken.
Dieser Mann besitzt sogar 10 Jahre nach seinem weltlichen Ableben eine natürliche Autorität, die jede Angst im Keim erstickt. Ein Umstand, den unsere Titelantihelden in diesem Blog gar nicht erst verstehen würden. Autorität ohne Angst? Eine imperative Sympathität? Tja, meine Herren, merken Sie etwas? Sie haben jetzt schon verloren. Und stellt man sich diesen Meister Peter leiblich an seiner Seite vor, ist es, als wenn beständig jemand neben Dir steht und dem übelsten Menschenschinder unbewaffnet aber furchteinflößend ins Gesicht lächelt und fragt „Na und? Geht`s Dir jetzt besser? Hast Du`s allen gezeigt?“
Das Geile ist: es geht hier gar nicht mehr um Angst, denn ich bin gar nicht unbewaffnet, selbst wenn ich nackt vor Euch stehe. Es geht hier um Gelassenheit, um Humor – ja, scheiße noch eins, es geht hier sogar darum zu lächeln. Aber vor allem geht es schlicht und einfach darum, andere Menschen sein zu lassen, wie sie sind. Und nicht, wie Ihr sie haben möchtet. Glaubt doch einfach was Ihr wollt, aber lasst uns – uns alle, alle, alle – damit ein für alle mal in Ruhe.
Und so, liebe Fanatiker, liebe Extremisten, liebe Führernachläufer, liebe Fremddenkenlasser, liebe IchhabeselberkeineIdeenaberichmöchteeinemFührernachhechelns, stehen wir abermals da – Angesicht zu Angesicht. Ihr glaubt an die Angst, die Ihr schürt – ich glaube, genau diese Angst tritt Euch am Ende ganz gewaltig in den Arsch.
Beide haben wir unseren Glauben, der eine hat einen erfundenen, der andere einen gefühlten. Sucht Euch aus, wer von uns was sein soll.
Möglich dass man es Waffengleichheit nennen kann.
Ihr habt Euren Hass, ich habe Ustinov im Herzen.
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