MERANER HÖHENWEG MIT HUND TAG 3
Tag 4
Vom Eishof über die stettiner hütte nach Zeppichl
Eishof (2076 m) – Eisjöchl (2895 m) – Stettiner Hütte (2875 m) – Lazinser Alm (1860 m) – Zeppichl (Pfelders, 1630 m)
zurückgelegte Kilometer
Höhenmeter
Stunden aktive Laufzeit
ZWISCHEN STEIN UND SCHNEE
Etappe vier hat es in sich. Sowohl was die Anstrengung angeht, als auch die enormen, erhabenen Aussichten, die sich einem beinahe inflationär auf dem gesamten Weg immer wieder neu auftun. Daher erwartet Euch hier auch eine sehr bildlastige Etappenbeschreibung.
Der Plan für heute: lockere 1000 Höhenmeter im Pfossental zu Füßen der Hohen Weiße (3277 m), der Schwarzwand (3164 m) oder der Hochwilden (3482 m) nach oben zu kraxeln, das Eisjöchl auf 2895 Metern zu durchqueren und nach einer kleinen Essenspause in der (im Jahr 2020) gerade im Bau befindlichen Stettiner Hütte (2875 m) lockere 1200 Höhenmeter gen Zeppichl bei Pfelders abzusteigen. Uns war vorher bereits klar, dass das einer der anstrengendsten Abschnitte werden würde, aber – Achtung Spoiler – der endlose, steile Abstieg Richtung Pfelders hat es dann doch mehr in sich, als erwartet.
Aber der erste Gewaltakt des Tages geht vom Klingeln des Handyweckers aus. Um 5:45 Uhr. Tolle Wurst! Aber da das Frühstück bereits zwischen 6:30 Uhr und 7:30 Uhr serviert wird, Frieda vorher noch mal schnell Ihre Morgentoilette verrichten muss und wir ja auch unsere Sachen noch schnell einpacken müssen, ist es halt so. Die Belohnung für frühes Aufstehen ist das Erleben des atemberaubenden Sonnenaufgangs, und zu sehen, wie sich ein Gipfel nach dem anderen aus seinem nächtlichen Schatten schält und in goldenes Licht taucht. Ein Anblick der das Unbill jedes noch so frühen Aufstehens wieder wett macht.
Dazu kommt ein echt gutes Frühstück, bei dem das quirlig-moderne Hüttenteam auch hier auf gute Inhaltsstoffe achtet. Frisches Walnussbrot (gut dass der Allergiker in mir noch einmal nachgefragt hat), starker Kaffee, frisch gepresster Orangensaft und jede Menge leckerer Aufschnitt locken den Frühaufsteher ans Buffet. Müslis und Joghurts lasse ich persönlich links liegen, aber wer das morgens kann … guten Appetit.
Dann heißt es noch schnell, unsere sieben Sachen zusammen packen und um 8 Uhr geht`s los!
Erwähnte ich eigentlich schon einmal, dass sich Mensch und Hund immer mehr aneinander annähern, wenn sie lange Zeit zusammenleben? Und die Wirkung von gemeinsamen Touren verstärken diesen Effekt noch enorm. Zum Beispiel in Sachen Lichtempfindlichkeit am frühen Morgen.
Aber ich schweife ab. Ein wehmütiger Blick zurück zum Eishof, und los geht`s bei Temperaturen, die noch gar nicht so warm sein wollen. Das liegt zum einen natürlich an der Höhe, zum anderen aber auch am frühen morgen.
Den Anblick des stetig kleiner werdenden Eishofs werden wir beim Zurückschauen in den nächsten zwei Stunden immer mal wieder haben, denn die Hochebene auf der er erhaben thront, ist zentral unterhalb des Tals gelegen, das wir nun Höhenmeter für Höhenmeter erklimmen. Verrückt, dass man in einem Tal nach oben kommt, aber sei`s drum.
Der Weg steigt zunächst nur moderat an. Es geht über einen eher breiten Weg, entlang des Pfossentalbachs, durch Wiesen und zu Anfang auch noch lichte Waldstückchen. Gesäumt von vereinzelten Pferde- und Kuhweiden wird der Weg doch schon bald steiler schmaler, und gibt mit jeder Kurve einen neuen Blick auf das unbeschreiblich traumhafte Panorama, der das Tal umsäumenden Gipfel der Texelgruppe frei. Es ist faszinierend, wie schnell sich Landschaft in den Bergen wandelt und immer wieder Neues offenbart.
Die Beschaffenheit des Weges, der auch immer mal weder den ein oder anderen Bach kreuzt, wir zusehend steiniger. Und bereits jetzt, bei gerade mal geschätzten 2200 Höhenmeter hören wir zum ersten Mal das Pfeifen der wachsamen Murmeltiere, die unweit des Weges ihre Bauten bewachen und angesichts unserer Frieda ihre Artgenossen mit einem gellenenden Pfeifton warnen.
Abgesehen davon, dass sich Frieda zumeist nichts aus Murmeltieren macht, muss ich immer wieder daran denken, dass sie als kleiner Hund bei ihren ersten Touren in den Bergen beim Pfeifen der Murmler immer nach oben geschaut hat, weil sie dachte, das da Vögel rufen würden. Die Erfahrung lässt sie inzwischen allerdings direkt zu den Nagern schauen.
Die Sonne ist inzwischen schnell höher gestiegen und scheint nun wärmend auf uns herab. Es sieht erhaben aus, wie sich ihre Strahlen nach und nach die Winkel der Bergwände erobern und einen faszinierenden Schattenwurf zwischen die hohen Gipfel zaubern. Auch hier gilt: Das Licht ist morgens und abends absolut am Schönsten.
An dieser Stelle sei noch einmal gesagt, dass man seinen Hund hier oben natürlich auch ohne dessen Absicht sich ein Murmeltier holen zu wollen stets anleinen sollte. Böse Zungen behaupten, ich würde mich auf diese Weise einer unzulässigen Steighilfe bedienen. Das weise ich natürlich weit von mir. *hüstel*
Schon seit einigen Jahren trifft man auch im hochalpinen Raum auf immer mehr Radfahrer, vornehmlich Mountainbiker. In diesem Jahr jedoch war zum ersten Mal zu beobachten, dass das E-Bike auch diese Landschaft erobert hat. Man sieht schon von Weitem, ob da ein E-Biker oder ein sich ehrlich den Aufstieg verdienender Radfahrer ankommt. Bei jeder kleinen Pause haben wir diesen kleinen Wettstreit ausgetragen, zu erraten, wer uns da näher kommt.
Fast immer sahen wir unsere Annahmen bestätigt, bis auf einmal. Da kamen 5 junge Radfahrer auf E-Mountain-Bikes, unter Keuchen an einen steile und schwierige, da von großen Steinen bestimmte Stelle, mussten absteigen und schieben. Plötzlich tauchte hinter ihnen ein braungebranntes, ganz offensichtlich älteres Paar, deutlich jenseits der 65 auf, und zogen, auch an der vermeintlich unbefahrbaren Stelle, mühelos an den staunenden Absteigern vorbei – mit einem normalen Mountain-Bike. „Ehrenbiker“, entfuhr es Tris und ich musste lächelnd zustimmen.
Zum Glück sind aber auch die Biker hier oben nicht all zu häufig, und was hier vorherrscht ist einfach die großartige Ruhe des Hochgebirges. Das Tosen von Bergbächen, das Pfeifen der Murmeltiere und Vögel und ansonsten fast nichts. Außer natürlich unsere Stimmen. Wir reden gefühlt ununterbrochen, was den Aufstieg rein atemtechnisch nicht unbedingt erleichtert. Aber wir sind viel zu geflasht von den unfassbar schönen, gewaltigen Anblicken, um ruhig zu sein.
Kilometermäßig ist die Strecke nach oben wenig in Relation zu setzen mit der Zeit, die wir benötigen, denn immer wieder halten wir an, trinken etwas, schauen uns überwältigt um und sind immer weder verwundert, dass das Tal gar nicht enger wird, je höher wir steigen. Vielmehr breitet sich nach jeder Kurve eine größere Fläche vor uns aus. Steinige aber saftige Wiesen, durchzogen von vielen Bächen lassen allerdings auch den Kontrast erkennen, zur letzten, felsigen Etappe, die uns nun noch auf dem Weg zum Eisjöchl erwartet.
Eine der Tücken, die diese Weite mit sich bringt ist die Tatsache, dass man so weit schauen kann. Das heißt, man sieht den Weg, der vor einem liegt sehr gut, man erblickt die schlängelnden Serpentinen, die sich unterhalb der vermuteten Windungen auftun und denkt bei sich, dass man es in nicht allzu entfernter Zukunft geschafft haben sollte, oben anzukommen. Ich darf verraten, dem ist nicht so. Immer, wenn man sich der nächsten Kurve angenähert hat, merkt man, dass da noch ein weiterer Felsen auf einen wartet, der umgangen oder erklommen werden möchte. Mit anderen Worten, es zieht sich. Rückblickend bleibt allerdings der klare Trost, dass diese Etappe so schön ist, dass es schade wäre, wenn das alles schneller gehen würde.
Obschon kleine Bäche, vereinzelte Lacken und sogar letzte Schneeflächen den Weg säumen, hängt Friedas Zunge natürlich bis zum Boden. Aber unsere inzwischen ganz frisch 6-jährige Hündin bewältigt den gesamten Weg ohne Mühe und hört natürlich niemals auf an der leine zu ziehen. Dennoch sind viele kleine Pausen zwischendurch auch für Hunde extrem wichtig, möglichst im spärlich auftretenden Schatten von Felsen.
Nach ungefähr 3 Stunden Aufstieg, kommen wir fast oben an. Der Wegweiser zeigt uns die Möglichkeit auf, hier innerhalb von nur 6 Stunden, quer über viele Steige und Kämme, zurück zum Ausgangspunkt unserer Tour, Partschins, zu kommen. Das ist zwar ein wunderschöner Weg, aber wir wollen ja nicht cheaten, und den vollen Weg zu gehen, dazu sind wir ja schließlich hier.
Also geht`s – nach einem kurzen Schneebad von Frieda – nun weiter über den Kamm beim Eisjöchl (2895 m), und nach einem letzten Blick zurück ins Pfossental, bei dem wir sogar hier oben auf knapp 3000 Metern Höhe noch sehr genau den Eishof sehen können, hinüber ins Pfelderer Tal, zur leicht unterhalb des Durchgangs liegenden Stettiner Hütte (auch Eisjöchl-Hütte genannt), bzw. das was von der bereits 1895 erbauten Schutzhütte im Sommer 2020 noch übrig ist, nach der heftigen Lawine, die im Jahr 2014 den größten Teil der Hütte zerstört hat.
Solltet Ihr hier einmal „vorbeikommen“ und die neue Hütte dann fertig sein (2022 war es dann soweit), könnt Ihr von hier aus, nach einer Übernachtung , noch den ein oder anderen Gipfel mitnehmen, wie z. B. die Hochwilde (3480 m) über den Hans-Grützmacher-Weg. „Dieser gletscherfreie Anstieg wurde bereits um die Wende zum 20. Jahrhundert angelegt und nach einer dieses Vorhaben unterstützenden Stettiner Persönlichkeit benannt.“ (Wikipedia) Ein anderes Gipfelziel ist zum Beispiel auch die Hochweiße (3278 m).
An dieser Stelle „oben“ angekommen, zumindest was unseren Weg angeht, ist wieder so ein Punkt erreicht, an dem man am Liebsten ein paar Stunden verweilen und die Aussicht genießen möchte. Im Westen die letzten Blicke auf das großartige Pfossental, im Osten die ersten Eindrücke vom ebenso mächtigen Pfelderer Tal, mit Blick auf die Baustelle (wie gesagt, es war 2022) der neuen Stettiner Hütte (2875 m), malerisch gelegen an einer hellblauen Lacke.
Weniger malerisch ist derzeit die Baustelle, die hier oben dafür sorgen soll, das die provisorisch errichteten Unterkünfte alsbald von einer neuen Stettiner Hütte ersetzt werden.
Egal. Wir haben Hunger und nehmen nun endlich unsere wohlverdiente Mahlzeit in der provisorisch erbauten Hütte ein, die hier auf Wanderer wartet. Dachte ich zumindest. Denn während Tristans Kaiserschmarren kommt und auch extrem lecker ist, werden meine Knödel schlicht vergessen. Naja, zwei Weizen sind auch `ne Mahlzeit und so freue ich mich um so mehr auf unser Abendessen in Zeppichl. Doch bis dahin ist es noch ein langer, steiler Abstieg.
Wir lassen also die Stettiner Hütte hinter, bzw. über uns und nehmen den zunächst ungewöhnlich bequemen und breiten Weg hinunter. Immer wieder kreuzen wir die Seile der provisorischen Materialseilbahn, die auf abenteuerlichen Masten in die Bergwelt gesetzt wurde, damit der Neubau hoch oben, zügig vonstatten gehen kann. Es ist angenehm zu laufen und wir philosophieren jetzt schon darüber, wie wohl unser Zimmer im Gasthof Zeppichel aussieht und was es wohl leckereres zu essen gibt, als der Weg nach etwa eineinhalb Stunden immer schmaler wird, aber halt auch viel steiler abfällt. Auch auf dieser Seite ist es übrigens so, dass man den Ort Zeppichl bereits seit der Hütte, fast den ganzen Weg über, sehen kann.
Die nun folgende letzte, etwa 1,5 Stunden dauernde Etappe, bis hinab zur kühle Getränke verheißenden Lazinser Alm, schlängeln sich in steilen, engen Serpentinen, immer eng am Berg anliegend, durch eine berauschend schöne Landschaft, durchzogen von allerhand Bergbächen bis zu einer breit auslaufenden Wiesenlandschaft zwischen den mächtigen Bergen.
Dieser Weg hinab, geht durch das ständige Abstützen und dank der Hundeleine in der einen Hand, und somit nur einstöckiger Unterstützung, mächtig auf die Knie. Es sollte auch das einzige Mal auf der Tour sein, bei dem ich mir tatsächlich Blasen laufe, bzw. bremse. Als wir irgendwann gegen 16 Uhr endlich an der Lazinser Alm auf nur noch 1860 Metern Höhe ankommen, gönnen wir uns direkt eine einstündige Pause und spüren in unseren Beinen heute sehr deutlich, den Weg, den wir hinter uns haben.
Die letzten 230 Höhenmeter nach unten sind, auch wenn wir die jetzt nicht mehr bräuchten, der reinste Spaziergang. Breit, leicht abfallend, so eine Art Auslaufen nach dem Marathon. Und so bleibt noch etwas Zeit, sich dieses Tal, mit den grün auslaufenden, mächtigen Bergen bei gemächlichem Tempo, und sich bereits langsam hinter die Gipfel verabschiedender Sonne anzuschauen.
Die Übernachtung heute findet im Gasthof Zeppichl statt, einer klasse Pension mit superber Küche. Zeppichel ist quasi ein noch kleinerer Vorort des kleinen Ortes Pfelders, über den wir dann morgen unseren Weg fortsetzen werden. Unser Zimmer ist top, und wir haben zum ersten Mal auf unserer Tour unser eigenes Badezimmer. Zudem hat Frieda ein ganz besonderes Feature. Direkt hinter der Balkontür befindet sich ein Gehege mit Kaninchen. Frieda ist von der ersten Sekunde an vom Anblick gefesselt und bleibt ungläubig vor der Tür sitzen. Fernsehen für Hunde eben.
Überhaupt Frieda. Wir haben ja bereits 3 Wochen vor unserer Tour 2 Rationen für jeweils 3 Tage an 2 Übernachtungsorte vorgeschickt, damit wir nicht das ganze Gewicht die ganze Tour über tragen müssen. Hier in Zeppichl nehmen wir also das erste Paket entgegen. Diese Verfahrensweise kann ich allen Hundehikern nur wärmstens empfehlen. Das klappt reibungslos.
Abschließend genießen wir das wirklich leckere Essen im Gasthof Zeppichl und fallen danach ziemlich schnell und hundemüde, wie Frieda, ins Bett.
PREISE 2020:
Das Doppelzimmer im Gasthof Zeppichl bei Familie Schweigl kostet 80,- € inklusive Frühstück, der Hund wird mit 5,- € berechnet.
FAZIT:
Diese Etappe ist definitiv, alleine schon wegen ihres enormen Höhenmeterpensums, eine der anspruchsvollsten Etappen unserer Version des Meraner Höhenwegs. Später, wenn die neue Stettiner Hütte mal fertig gebaut ist (wer weiß, wann Ihr das hier lest, vielleicht ist es ja schon so weit), werden wir hier definitiv Station machen und von hier aus noch den ein oder anderen Gipfel mitnehmen. Aber anstrengend hin oder her, diese großartige Landschaft dort oben, entschädigt für wirklich alles.
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